Staatstheater Nürnberg

Das Staatsschauspiel Nürnberg eröffnete im Oktober 2010 die neue Spielzeit unter dem Motto ‚Paradiesische Zustände‘ im generalsanierten Haus. theapro plante hier neben der Veranstaltungstechnik auch den Innenausbau des Zuschauerraums.

Auftraggeber
Stadt Nürnberg

Architekt
Gesamtprojekt: PFP Architekten, Hamburg
Zuschauerraum gr. Haus: theapro, München

Ausführungszeitraum
Planung 2005 – 2008
Bauphase 2008 – 2010

Baukosten gesamt
(netto)

38,0 Mio. EUR

Baukostenanteil theapro
(netto)

12,0 Mio. EUR
BB 2,2 Mio. EUR
BT 7,2 Mio. EUR
MT 1,3 Mio. EUR

Projektleitung theapro
Jörg Lilleike

Fertigstellung
2010

Leistungen
Theaterarchitektur
Bühnenbeleuchtung
Bühnentechnik
Ton- & Medientechnik

Das Gebäude des Nürnberger Schauspieles wurde 1951 als Casino für die Amerikanische Besatzung, mit der Intention, das Haus später als Theater zu nutzen, errichtet. 1957 übergab die Amerikanische Armee das Gebäude der Stadt Nürnberg, nach Anbau von Hinter- und Seitenbühne eröffnete das Schauspiel 1959. Über einen Funktionstrakt aus den 60er Jahren ist es mit dem denkmalgeschützten Opernhaus von 1902 verbunden. 1989 musste das Schauspiel kurzfristig für eine Asbestsanierung geschlossen werden. In den 50 Jahren, die seit der Errichtung vergangen sind, wurden lediglich Akustikmaßnahmen in den Jahren 1975/76 durchgeführt. So stand das Schauspielhaus 2005 für eine Generalinstandsetzung nach 50 Nutzungsjahren an.

theapro übernahm neben der Theatertechnik die Objektplanungsleistungen für den Zuschauerraum. Das Vorhaben Sanierung Schauspielhaus wurde baulich von Sommer 2008 bis Herbst 2010 in konventioneller Einzelgewerkausschreibung realisiert und am 18. Oktober 2010 in einem Festakt dem Nutzer übergeben.

Das neue gläserne Foyergebäude verbindet alle öffentlichen Bereiche des Hauses miteinander: Die Kammerspiele im Untergeschoss, das Schauspielhaus mit seinen 537 Sitzplätzen im Erd- und ersten Obergeschoss und die Blue Box im 2. Obergeschoss. Zur Sanierungsaufgabe gehörten neben dem Großen Haus auch die unter dem Zuschauerraum des Großen Hauses liegenden Kammerspiele. Die bisher auf dem Vorplatz aufgestellte Blue Box mit ihren 100 Plätzen wurde in das Haus über dem Foyer integriert.

Die Sanierungsaufgabe im Bühnenbereich zeigte den üblichen Befund einer Handkonterzuganlage, kaum Maschinerie und die nach 50 Jahre währendem Betrieb in teils Eigenleistung des Hauses ergänzten Installationszustände. Was im Schauspielhaus vor 50 Jahren für einen späteren maschinentechnischen Ausbau eingebaut wurde, war schwerer Nachkriegsmaschinen- und Stahlbau: unverwüstbar, aber schwerfällig.

Die bisher als Werkstätten genutzten Räume im 3. OG des SH werden künftig als szenische Proberäume und als Orchesterproberaum genutzt.

 

Transport und Logistik

Das Schauspiel und das Opernhaus verfügen über eine gemeinsame Außenanlieferung.

Die Beiden Niveaus an der Schnittstelle Schauspiel zu Opernhaus verbindet nunmehr ein neu konzipiertes Transportpodium und eine Bypass-Treppe. Das Transportpodium kann durch die Anordnung der Tore und Hubtore an ihren Stirnseiten wie ein Aufzug genutzt werden. Die unter dem Zuschauerraum des großen Hauses liegenden Kammerspiele werden über die Anlieferungswege des großen Hauses mitversorgt. Die Transporte zur Szenenfläche erfolgen über die neuen Hubpodien der Hauptbühne. Den Kammerspielen ist ein Pufferlager zugeordnet. Transporte können daher in die, den Betrieb der Hauptbühne, nicht störende Zeiten verlegt werden.

Untermaschinerie

Die neue Bühnenmaschinerie besteht aus 4 Podien mit einer Breite von 12,0 m und einer Tiefe von 2,5 m (BP 1 – 3) und 3,0 m (BP4) mit darunter gehängten Schlepppodien für die Aufstellung von mehreren, auch koppelbaren Personenversenkungen.

Der akustisch sensiblen Schauspielnutzung entsprechend wurden Seilpodien mit FU-geregelten Drehstromservoantrieben vorgesehen. Die beiden Antriebe eines Podiums sind elektronisch miteinander synchronisiert.

Die Obergedecke der 4 Bühnenpodien sind 10% schräg stellbar. Jedes Podium weist 5 Versenkungsklappen auf, welche motorisch ver-/entriegelt und über schnelle FU-gesteuerte Antriebe geschwenkt werden können.

Vorgesehen ist außerdem eine auflegbare 33 cm hohe Drehscheibe, welche einfach geklappt unter der hinteren Verbindungsgalerie der Hauptbühne hochgezogen wird, sollte sie nicht gebraucht werden. Die Drehscheibe mit 11,6 m Durchmesser wird in ihrem Wagen über Ritzelantriebe nach dem Ablassen und dem Aufklappen über spezielle Kurvenbleche mit aus dem hintersten Bühnenpodium ausfahrenden Ritzelantrieben positioniert.

Obermaschinerie

Die Obermaschinerie besteht aus 37 Maschinenzügen NL 750 kg / 1,2 m/s, welche bei reduzierter Last 500 kg mit bis zu 1,8 m/s verfahren. 4 Panoramazüge und 3 Oberlichtzüge komplettieren die Stangenzuganlage. Die Winden aller Stangenzüge und der beiden Oberlichter sind als stehenden Seiltrommeln an der linken Bühnenseitenwand in 2 Ebenen übereinander aufgehängt. Vor-Ort-Steuerkästen garantieren kurze Leitungswege.

Ergänzt wird die Zuganlage mit 10 stationären Punktzügen NL 350 kg mit gleichen Geschwindigkeiten wie die Maschinenzüge. Die Seilumlenkrollen der Punktzüge sind am Schnürboden in Wagen versetzbar.

Um eine bestmögliche Verziehbarkeit der Seile der Punktzüge zu erlauben, wurden diese, anders als üblich, nicht an der Bühnenrückwand, sondern seitlich an der rechten Bühnenseitenwand aufgestellt. Die Seile können dann horizontal zwischen den einzelnen Dachbindern verzogen werden und müssen nicht an den Diagonalen der Binder vorbeigeführt werden. Neben den beiden, in der Bühnentiefe fest positionierten, vertikal verfahrbaren Oberlichtern kann die Beleuchtung alle anderen Züge elektrisch verkabeln.

Bühnentechnischer Stahlbau

Aus dem Bestand wurden die Arbeitsgalerien erhalten, das technische Bühnenportal jedoch erneuert. Die vorhandenen Arbeitsgalerien blieben in ihrer Grundstruktur erhalten, wurden statt der bisherigen Holzbohlen mit einem trittschallgedämmten Stahlblechboden und Geländern in der erforderlichen Höhe nach Arbeitsstättenrichtlinien ausgestattet. Die höhenverfahrbare Portalbrücke wird über einen Rohrwellenantriebsstrang direkt ohne Gegengewichtsausgleich verfahren.

 

Sicherheitseinrichtungen

Die vorhandenen Rauchabzüge in Bühne und Zuschauerraum konnten nach Brandschutzgutachten erhalten bleiben und waren in ihren freien Querschnitten ausreichend bemessen. Auch der EV konnte ebenso erhalten bleiben.

Bühnenbeleuchtung

Im Großen Haus konnte eine großflächige, breite Lichtregie eingebaut werden.

Es wurde ein Wechsel auf die neuesten Produkte von ETC und Ion-Pulte vorgenommen. Die Dimmerräume wurden geteilt: In einen Raum im 1. UG der alle Anschlüsse bis Niveau Bühne abgedeckt und in einen neu geschaffenen Dimmerraum im Schnürboden der die darüberliegenden Ebenen versorgt. In dem Dimmerraum im Schnürboden sind die Vorschaltgeräte für HMI-Scheinwerfer zentral untergebracht und werden über Patch zu den Einsatzorten rangiert. Die Blue Box wird mit mobilem Equipment aus dem Bestand des Hauses betrieben.

Tontechnik

Die Tonregie Großes Haus erhielt neben der festen Regie einen reservierten Standplatz im Zuschauerraum, unmittelbar vor der Regie.

In der festen Regie kommt für Zuspielungen eine Pandoras Box zum Einsatz, die Ausgabe erfolgt über einen Großbildprojektor.

Die Beschallung wurde über d+b – Systeme aus dem Bestand realisiert , Q10 Serie Arrays waren hierfür vorhanden. Die Subwoofer stammen ebenfalls aus einer Beistellung. Für Effekt-, und Surroundbeschallung kommen seitlich d+b E3 und hinten E8 Systeme zum Einsatz.

Für die Tonregie der Kammerspiele wurde eine beigestellte DM 1000 Yamaha erweitert mit einigen ADAT Einschubkarten. Die Beschallung besteht hier aus d+b Systemen, die in diesem Fall neu sind, ergänzt durch E-SUB 15“ d+b sowie einer Frontbeschallung mit E 8 Systemen links/centre/rechts. Effekte werden wie im Großen Haus über mit E3-9 und E8-Systeme eingespielt.

Die Tonanlage wird ergänzt durch eine Intercom TELEC drahtgebunden, Funkoutput 2 Kanäle für die Technik, eine Mikroportanlage mit 16 Kanälen, die Inspizientenrufanlage und eine Induktionsschleife.

Gestaltung und Zuschauerraum

theapro berücksichtigte die vorgegebene Erschließungssituation des Bestandes mit gesamt 4 doppelflügeligen Türen, da die Foyers in diesen Bereichen keine Änderung erfuhren. Dies bedeutete als Vorgabe eine durchgehende Zuschauerebene ohne Balkone und Ranggliederungen. Die Platzzahl sollte mit 538 Plätzen erhalten bleiben, dennoch sollte die Bequemlichkeit gesteigert werden und notwendige zusätzliche Rollstuhlplätze und ein Mischpultplatz im Saal berücksichtigt werden.

Im Zuschauerraum spiegelt sich die Baugeschichte des Theaters wieder, das Kino aus den 50er Jahren erhielt einen Tambour, der im Rohbau nach wie vor sichtbar ist und auch in der Außengestalt in Erscheinung tritt.

Die Decke des Zuschauerraumes wurde in Abstimmung mit dem für die Raumakustik zuständigen Büro Sorge aus Nürnberg nach folgenden Gesichtspunkten entwickelt:

  • Geeignete Neigung
  • Gliederung und Flächengewicht für die gute Raumakustik eines Sprechtheaters
  • Integration von 2 Zuschauerraumbeleuchterbrücken und einem Verfolgerstand im hintersten Saalteil
  • Begehbare Vorbühnenzone zur Einrichtung von Zügen
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Im Fokus des Interesses der Theaternutzer stand die Vorbühnenzone. Hier konnte sowohl dem Anliegen nach Neutralität – die Vorbühnenzone wird ständig mitbespielt – als auch den hier geforderten Beleuchtungsmöglichkeiten Rechnung getragen werden.